Niedrigzins

Die Zeitungen sind inzwischen prall gefüllt mit den Auswirkungen der Niedrigzinspolitik der EZB auf die Rendite von Geldanlagen.

Von Enteignung der Bürger ist da die Rede. Von Anlagenotstand. Oder von Zinsverlusten der Deutschen in den letzten 5 Jahren in Höhe von 23 Milliarden Euro, so die Berechnungen der Allianz Versicherung (s. z.B. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24. September 2014, S. 23).

Sachlich wohl richtig, aber vielleicht doch eine etwas verkürzte Sichtweise?

  1. Zum einen sind die niedrigen Zinsen der politische Preis dafür, dass Länder wie Griechenland, Italien, Spanien oder Portugal überhaupt noch in der Lage sind, sich zu vertretbaren Konditionen neu zu verschulden. Müssten diese Länder auf neue Staatsanleihen einen „risikogerechten“ Zins zahlen, wäre mittelfristig ein Staatsbankrott mit massiver Gefährdung des gesamten Euroraumes kaum zu vermeiden. Dies würde im Zweifel deutsche Anleger noch viel härter treffen als die aktuell niedrigen Zinsen (vielleicht berechnen ja einmal schlaue Ökonomen in verschiedenen Szenarien, was die wirtschaftlichen und finanziellen Konsequenzen eines solchen Zusammenbruchs wären. Vermutlich weit mehr als die durch die Niedrigzinspolitik verursachten 23 Milliarden Euro Zinsverlust).
  2. Zum anderen sind die Deutschen nicht nur im Fußball Weltmeister, sondern auch in der Geldanlage. Bei letzterem aber im negativen Sinne. Denn in kaum einem anderen Land sind die Anleger derart risikoscheu wie in Deutschland. Rund 40 Prozent des Geldvermögens parken sie auf Sparbüchern und anderen kurzfristigen Sichteinlagen mit einem aktuellen Durchschnittszins von gerade einmal 0,56 Prozent. Kein Wunder also, dass sich das Geldvermögen der Deutschen im Jahr 2013 gerade einmal um 4 Prozent erhöht hat, während es weltweit um 10 und in den USA sogar um 12 Prozent gestiegen ist. Der Grund: Die Anleger in anderen Ländern investieren zu einem deutlich höheren Anteil in Aktien, und deren Performance lag 2013 weit über 0,5 Prozent.

Zeigt sich: Anstatt über niedrige Zinsen zu lamentieren, sollten Anleger ihre Energie besser darin investieren, gemeinsam mit einem Vermögensberater nach Anlageformen Ausschau zu halten, die mehr bieten. Und das sind nicht nur Aktien in Form von Einzelwerten.