Kalte Enteignung

Wieder einmal wird Populismus betrieben - dieses Mal großflächig in der aktuellen Ausgabe des Stern (S.112 bis 116).

Die reißerische und auch schon an anderer Stelle zum Thema aufgetauchte Schlagzeile: „Kalte Enteignung“.

Gemeint ist damit das hinlänglich bekannte Thema, dass Sparer und Vorsorger die Staatsverschuldung, die Bankenrettung und die Eurorettung durch entgehende Rendite bezahlen müssen.

Das ist nicht falsch. Eine solche Argumentation ist aber einseitig und gefährlich:

  • Einseitig, weil es auch bei den privaten Haushalten und Unternehmen Profiteure gibt. Nämlich diejenigen, die Schulden haben oder neue eingehen (müssen). Und weil die Pleite eines Eurolandes oder einer systemrelevanten Bank bzw. ein Ende des Euro den deutschen Steuerzahler möglicherweise je nach Szenario weit mehr abverlangen würde als entgangene Zinsen. Es besteht die Notwendigkeit, den Teufel mit dem Belzebub auszutreiben.
  • Gefährlich, weil durch solche Berichte die Spar- und Vorsorgebereitschaft der Bürger noch weiter ausgehöhlt wird. Sparen und Vorsorgen lohnt nicht mehr, das doch die Wahrnehmung des Lesers solcher Berichte. Besser wäre es, die Gesamtzusammenhänge darzustellen, um dann zum Schluß zu kommen: Es hilft alles nichts, private Vorsorge ist zwingend erforderlich, auch unter Inkaufnahme geringerer Renditen. Und wer kann, sollte deshalb private Vorsorge nicht reduzieren oder gar einstellen, sondern staatdessen die Vorsorgeaufwendungen erhöhen und alle verfügbaren staatlichen Förderungen ausnutzen, um so die Einbußen aus Niedrigzinsen ganz oder zumindest teilweise zu kompensieren.