Griechenland: wichtige Fragen und Antworten rund um Ihr Geld

„όχι!“ Die griechische Bevölkerung hat über ein Referendum „Nein“ zu den Spar- und Reformauflagen der Geldgeber gesagt.

Dennoch signalisiert die griechische Regierung Reformbereitschaft. Kein Wunder. Denn das Land ist auf europäische Hilfsprogramme angewiesen, um Kredite bedienen sowie seine Beamten und die Rentner finanzieren zu können.

Welche Szenarien sind vorstellbar und was bedeutet das für den deutschen Verbraucher?

Szenario 1: Griechenland schlägt den Reformkurs ein.

Europa würde dann, sofern die Reformen als ausreichend bewertet werden, neue Hilfsprogramme zur Verfügung stellen. Die Reformen würden zumindest langfristig wirken und Griechenland Schritt für Schritt aus der extremen Abhängigkeit von Hilfsmitteln befreien. Der Eurokurs würde sich langsam erholen, die Unsicherheiten an den Börsen wären vorbei. Mit Blick auf die Leistungsfähigkeit der deutschen Unternehmen wäre tendenziell wieder mit steigenden Aktienkursen zu rechnen. Um den Reformkurs Griechenlands und der anderen hoch verschuldeten europäischen Länder zu unterstützen, wird die EZB die Zinsen niedrig halten.

Was bedeutet dies für die Menschen in Deutschland?

Wer Geld mittel- bis langfristig anlegen will, sollte eines meiden: Sparbücher und kurzfristige Termin- und Festgelder. Denn die Zinsen sind nahe null. Für langfristig orientierte Anleger sind breit gestreute und gemanagte Investmentfonds mit Aktienanteil ideal. Denn langfristig entwickeln sich Aktien bisher immer nach oben.

Wer es lieber konservativ mag und mit einer Lebens- oder Rentenversicherung fürs Alter vorsorgt, ist auf der richtigen Seite. Auch Verbraucherschützer, sonst Gegner dieser Produkte,  raten inzwischen dringend davon ab, Verträge zu kündigen. Denn oft gibt es für Altverträge noch hohe Garantiezinsen von bis zu 4 Prozent und die aktuelle Überschussbeteiligung liegt immer noch bei deutlich über 3 Prozent. Und das bei höchstmöglicher Sicherheit. Wer dann noch Riester-Renten oder Rürup-Renten hat oder neu abschließt, profitiert zusätzlich von staatlichen Zulagen und/oder steuerlichen Vorteilen.

Was des Sparbuchs Leid, ist des Immobilienkäufers Freud. Denn die weiter anhaltenden niedrigen Zinsen sind natürlich ideal für jeden, der sich den Traum von den eigenen 4 Wänden erfüllen möchte und dabei auf Fremdkapital angewiesen ist. Wenn nicht jetzt, wann dann? So die Devise. Und das gilt auch für diejenigen, die erst in einigen Jahren kaufen oder bauen wollen und sich jetzt noch das niedrige Zinsniveau sichern wollen. Das geht mit einem Bausparvertrag.

Szenario 2: Die griechische Regierung hält sich an das Ergebnis des Referendums oder schlägt „Mini-Reformen“ vor, die den Anforderungen der übrigen Europäer für weitere Hilfsprogramme nicht genügen.

In diesem Fall kommt ein Konkurs Griechenlands schnell näher, da weder Gehälter für Beamte und Renten bezahlt, noch auslaufende Staatsanleihen und Kredite aus Hilfsprogrammen zurückgeführt werden können. Griechenland müsste dann wohl aus dem Euro austreten und mit der Drachme oder einer Parallelwährung agieren.

Die Konsequenzen eines solchen Szenarios sind schwer abschätzbar. Fest steht, dass die griechische Währung stark abwerten würde und das Land mit hohen Inflationsraten zu kämpfen hätte. Ohne Reformen könnte eine Abwärtsspirale einsetzen. Es ist zu befürchten, dass dann Griechenland vom gleichberechtigten Euro-Partner zum Bittsteller wird. Was sich im Positiven ändert: Durch die starke Abwertung einer neuen griechischen Währung wird im Euroraum alles deutlich günstiger, was aus Griechenland kommt. Auch der Urlaub dort würde sich massiv verbilligen. Vielleicht eine Chance für das Land, die aber nur dann wirken kann, wenn zusätzlich reformiert wird.

Doch was bedeutet das für Anleger in Deutschland?

Kurzfristig wird die Unsicherheit auf den Finanzmärkten zunehmen. Die Aktienkurse könnten stärker schwanken, nach oben wie nach unten. Bereits getätigte griechische Hilfsprogramme müssten weitgehend abgeschrieben werden, was in erster Linie die Staatshaushalte der übrigen Euroländer treffen würde. Einige Länder werden versuchen, dies mit Steuererhöhungen aufzufangen.

Der Eurokurs würde mit großer Wahrscheinlichkeit zunächst sinken, dann aber wieder zulegen, weil ein Euro ohne Griechenland stärker ist, als einer mit Griechenland. Dies setzt aber voraus, dass alle anderen Länder ihren Reformkurs beibehalten. Um dies sicherzustellen, würde die EZB bei ihrer Niedrigzinspolitik bleiben müssen.

Auch bei diesem Szenario gelten deshalb für Anleger dieselben Regeln wie im ersten Szenario. Vor allem sollte man sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Selbst kräftige Kursabschläge bei Aktien würden sich zumindest mittel- bis langfristig wieder egalisieren. Wer ein wenig Glück hat und für den Einstieg den richtigen Zeitpunkt erwischt, könnte sogar überdurchschnittlich profitieren.

Im Übrigen: Die deutschen Lebensversicherer haben inzwischen griechische Staatsanleihen aus ihrem Portfolio herausgenommen, ganz oder weitestgehend. Das Ausfallrisiko bei einem Staatsbankrott ist also nahezu null. Eine beruhigende Information für alle, die mit privaten Lebens- und Rentenversicherungen für’s Alter vorsorgen.

Gleiches gilt für die Banken. So wie auch die Lebensversicherer haben die nach der Lehman-Pleite durch neue Gesetze ihre Eigenkapitalbasis massiv gestärkt und sich längst auf einen Austritt Griechenlands aus dem Euro vorbereitet. Niemand muss also in Deutschland um sein Erspartes bangen, wenn Griechenland austritt.

 

Drachme